Der Genealogische Abend 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

Kirchliche Frage: Die Taufe betreffend

Abschrift aus dem Lippischen Magazin, 5.Jg. Nr.21 den 21.August 1839, Sp. 356-359

In dem vom Hochfürstl. Consistorium durch das Intelligenzblatt bekannt gemachten Formulare für die Einrichtung der Kirchenbücher findet sich auf der Geburtstabelle eine Nummer, wo es unter der Rubrik „Gevattern“ heißt: Keine

Die dort aufgeführten Geburten und Taufen sind, wie man sieht, wirklich vorgekommen, wie es denn bekannt ist, dass man auch sonst an vielen Orten unseres Landes Kinder zur Taufe bringt, ohne dass Gevattern oder Taufzeugen von den Aeltern bestellt werden. Weil nun durch die Aufführung einer ohne Gevattern verrichteten Taufe in einem Normalformulare leicht auf das Nichtvorhandenseyn jener als normalmäßig angesehen werden könnte, während die Kirchenordnung unsers Landes die Bestellung von Taufpaten wirklich zu wollen scheint, so nimmt Ref. hiervon um so mehr Veranlassung, diesen Umstand öffentlich zur Sprache zu bringen, da er aus Erfahrung weiß, dass viele Aeltern sich gar nicht für schuldig verbunden achten, ihren Täuflingn Gevattern zu bestellen, oder es doch für unnöthig für überflüssig halten, auch allenfalls damit abkommen zu können meinen, wenn der Vater das Kind selbst zur Taufe hält. Arme Leute entschuldigen sich bei dem Prediger häufig damit, dass sie keinen Gevatter hätten bekommen können, und der Prediger befindet sich dann in so fern in einer misslichen Lage, als es ihm, da er Gebühren von dem Gevatter erhält, leicht als Habsucht oder Eigennutz ausgelegt werden kann, wenn er auf Stellung desselben dringt; denn es ist ja leider nur zu wahr, dass gemeiner Sinn immer auch bei Andern nur Gemeinheit sucht und findet. Der gerügte Missbrauch ist offenbar eine Folge der jetzt bei so vielen noch herrschenden Gleichgültigkeit gegen die kirchlichen Einrichtungen und gegen das christliche Gemeinde leben, woraus sich auch noch ein anderer Unfug beschreibt, nämlich den Täufling durch die Hebamme dem Prediger ins Haus zu schicken, und ihn hier, ohne irgend Jemandes Beiseyn, weder des Vaters, noch eines Taufzeugen, taufen zu lassen. In Beziehung auf diesen letzten Punkt dürfte es dem Prediger freilich leichter fallen, die Gemeindsglieder zu der rechten Kirchlichen Weise zurück zu bringen, da es sich, ohne Missdeutungen ausgesetzt zu seyn, nur schlechthin auf die Kirchenordnung des Landes berufen kann, welche verfügt, wie folgt: Dieweil die heilige Taufe ein Sacrament ist der Einverleibung der Kinder der Gläubigen in die Gemeinde Christi, welche sein Leib ist, soll dieselbe in öffentlicher Versammlung der Gemeine nach gehaltener Predigtordinär bedienet, und die ganze Gemeine zuvor erinnert werden, so lange zu verharren, bis die Taufe verrichtet, damit also dieselbe Zeuge sey und nicht allein einmüthiglich um die innerliche Taufe des Blutes und Geistes Christi bitten, sondern auch ein jeder seine Taufe und also des Gnadenbundes Gottes und seiner Bundespflicht sich erinnern möge. Jedoch wo sonderliche Schwachheit und Lebensgefahr des Kindes, worrüber, wenn es nöthig, die Bademutter und Aeltern zu vernehmen, und die Wahrheit respective bei ihrem gethanen Eid und Gewissen aussagen sollen, nicht zuließe, dasselbe zu gewöhnlichen Predigtstunden in die Kirche zu bringen, mag die Taufe auch außer öffentlicher Versammlung zu „Hause“ (nämlich im Hause der Aeltern) in Gegenwart der Aeltern, Gevattern und Nachbarn, auch, da sie zur Hand seyn können, eines oder zweier Aeltesten oder anderer christlicher Personen der Gemeine verrichtet werden; hiebei aber soll wohl zugesehen werden, dass man dergleichen Ursache nicht vorwende, da sie nicht ist, und dass nicht etwa einer oder ander seines Standes halber sich allzu hoch wolle dünken, seine Kinder taufen zu lassen, wo gemeiner Leute Kinder getauft werden. Da nun wegen merklicher Schwachheit des Kindes der Prediger um die Taufe im Hause (der Aeltern) gebührlich ersucht wird, soll er dessen sich nicht weigern, sondern sich unverweilt dahin begeben, und das Kind, wenn schon wegen Uebereilung keine Gevattern, sondern nur die Aeltern und etwa noch ein anderer christlicher Zeuge zugegen, taufen.

Das aber im Allgemeinen Bestellung von Gevattern oder Taufzeugen im Sinn und Willen unserer Kirchenordnung liege, scheint sich aus folgenden Stellen derselben genügend zu ergeben.

Das Amt der Gevattern oder Taufzeugen die nach Gewohnheit der christlichen Kirchen hiezu gebeten werden, ist, nicht nur der Taufe des Kindes beizuwohnen und davon auf Erforderung Zeugniß zu geben, sondern vornemlich vor den Angesicht Gottes, seiner Engeln und der Gemeine anzuloben, dass sie neben den Aeltern, auch insonderheit, wo dieselben zeitlich abgehen würden, an ihrer Stäte sich des Kindes treulich annehmen und allertunlichst Sorge tragen wollen, damit es zu allem Guten befördert, und als ein Bundesgenoß Gottes in seiner Erkenntniß und Furcht wohl unterwiesen und erzogen werde.
Die Gevattern sollen wohlbekannte gottesfürchtige Mitglieder der christlichen Gemeine und im römischen Reiche zugelassener Religion auch eines ehrlichen Wandels und unbesprochenen Leumunths seyn. Derowegen zu Gevattern nicht sollen zugelassen werden, die von der wahren christl. Religion wenig wissen oder halten, die eines offenbaren lasterhaften Lebens und bösen Gerüchts seyn, auch nicht die durch Kirchendisciplin vom heil. Abendmahl abgehalten werden, noch die sonst nach gemeinen Rechten, sowol anderer Ursachen als ihrer Minderjährigkeit halben, keine Zeugen seyn können und also nicht solche junge Leute, die zum heil. Abendmahle noch nicht seyn gewesen, oder, wo sie schon irgends darbei zugelassen wären, doch vom Prediger befunden werden, dass sie die Grundstücke des christlichen Glaubens und die Handhabung der heil. Taufe noch nicht verstehen und dahero, was das Amt christlicher Gevattern auf sich hat, nicht erwegen können.

Abschrift: Wolfgang Bechtel

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