Der Genealogische AbendNaturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V. |
Eine bemerkenswerte Zierform an lippischen Fachwerkhäusern
Von Schulrat Schwanold, Detmold
Es ist bekannt, dass unsere Fachwerkhäuser, besonders die auf dem Lande, all ihren Schmuck um das große Einfahrtstor herum tragen, sowohl auf den beiden Pfosten als auf dem einen oder den zwei vorhandenen Querbalken und etwa angebrachten Winkelfüllungen oder Streben. In den Grundzügen ist dieser Schmuck überall gleich oder ähnlich: Auf den beiden Seitenpfosten steigt eine mehr oder weniger stilisierte Ranke mit Blättern, Blüten und Früchten empor, oft aus einem Blumentopfe herauswachsend und oben eine Rosette einschließend; über den Querbalken läuft die Inschrift, die in der Regel die Zeit des Baues, den Erbauer und seine Ehefrau und einen Spruch mannigfachen Inhalts enthält. Rechts und links, oft in den Eckfüllungen, oft auf dem Ständer, ist dann meistens eine Rose und ein Stern, beides Teile des lippischen Wappens, dargestellt. Das ist durchweg die meist wiederkehrende Verzierung an der Tür der Fachwerkbauten, aber in den Einzelheiten finden sich doch sehr viele und oft große Verschiedenheiten, und es ist für den aufmerksam beobachtenden Wanderer sehr unterhaltsam und ungemein reizvoll, auf die Verschiedenheiten dieser Ziermotive in den verschiedenen Gegenden zu achten. Nicht nur nach Ort und Gegend machen sich da Unterschiede geltend, auch in der zeitlichen Entwicklung zeigen sich interessante Wandlungen: Darstellungsweise und Technik ändern sich in den einzelnen Perioden, einzelne Landesteile nehmen aus der Nachbarschaft Schmuckformen auf, hier und da hat ein Meister einen besonderen Stil ausgebildet u. dgl. Reizvolle Beobachtungen mehr. – Beiläufig sei hier auf eine Verzierung aufmerksam gemacht, die als Ausnahme oder Seltenheit bei uns anzusehen ist: das springende Pferd, das dem Wappen Hannovers entstammt. Ich beobachtete es in Lassbruch bei Almena an dem Hause Frevert Nr. 5 vom Jahre 1770, ebendort kommt es auch noch an einem anderen Hause vor. Das Haus Nr. 5 zeigt oben links die sieben(!)blättrige Rose und rechts das springende Pferd. Das Ornament erklärt sich daraus, dass dieser Landesteil, das Amt Sternberg, damals an Hannover verpfändet war. Die Verpfändung war 1733 in der Zeit der großen Finanznot erfolgt und wurde erst 1781 durch Simon August, der diese Not durch große Sparsamkeit in der Hof- und Staatsverwaltung beseitigt hatte, rückgängig gemacht.
Von einer besonders auffälligen Erscheinung an einzelnen Fachwerkbauten, auf die meines Wissens bisher nicht aufmerksam gemacht wurde, soll im folgenden die Rede sein. An dem früheren, kürzlich verlegten Bachlaufe in Heidenoldendorf, dem Niedernkruge schräg gegenüber, steht das Haus Nr.44, mit einem gut geschnitzten und ausgemalten Tor, das vor Jahren einmal durch den Bund Heimatschutz in einer Postkarte weiteren Kreisen bekannt gemacht wurde. Oben rechts neben der Inschrift findet sich eine von den übrigen Schmuckfiguren durchaus abweichende Zierform: ein Kreuz mit gebogenen, am Ende verdickten Armen, das große Ähnlichkeit mit dem bekannten Hakenkreuz hat, nur dass die Arme nicht gebrochen, sondern gebogen, die Enden nicht hakig gerade, sondern abgerundet verdickt sind. Immerhin macht die Figur von fern den Eindruck des Hakenkreuzes. Es fragt sich nur, ob der Künstler oder der Urheber der Schmuckform sich der symbolischen Bedeutung derselben bewusst gewesen ist und sie in der Absicht am Hause angebracht hat, eben diese Bedeutung zu versinnbildlichen. Darüber kann man vorläufig nichts Sicheres sagen. Möglich ist es, dass die in Rede stehende Zierform auf dem Wege ornamentaler Entwicklung entstanden ist, dass also der Künstler, sofern er nicht Vorlagen benutzte, unter Anlehnung an das Motiv der fünfblättrigen Rose oder des sechsstrahligen Sternes, die er daneben an diesem Tor anbrachte, auch ein vierteiliges Kreismuster verwenden wollte und zur besseren Ausfüllung der Fläche die vier Arme bog, wodurch zugleich der Schein einer drehenden Bewegung erzeugt wurde – deshalb kann man das Muster auch als Spiralwirbel bezeichnen - , möglich auch, dass auf anderm Wege und durch andere Konstruktionen dies Zierbild zustande kam. Aber ob nicht doch eine Annäherung des Musters an das eigentliche Hakenkreuz im Unterbewustsein des Urhebers anzunehmen ist? Das Hakenkreuz ist ohne Zweifel keine Zierform. „Es eignet sich nicht wie der Spiralwirbel zur Verzierung kresrunder Flächen und verrät dadurch in höherem Maße seinen Charakter nicht als künstlerisch-ornamentale, sondern als religiös-symbolische Form“ Die ältesten bis jetzt bekannten Beispiele des Hakenkreuzes finden sich nicht in Europa, sondern in Mesopotamien, auf den bemalten Gefäßen der Steinkupferzeit in Susa u. a. In großer Menge hat es sich in den Resten von Troja gefunden, vereinzelt in der europäischen Bronzezeit. In der frühen Eisenzeit Griechenlands und Italiens nimmt es eine hervorragende Stelle ein, nicht selten ist es auch in der Hallstatt- und Latenezeit Deutschlands. In Nordeuropa findet es sich bis zur römischen Eisenzeit nicht. Den Bewohnern von Palistina-Syrien ist es ebenfalls unbekannt geblieben. Über die Bedeutung des Hakenkreuzes ist viel gestritten worden. Feststehen dürfte, dass das seit der Eisenzeit in Europa auftretende Hakenkreuz ein Sonnensymbol ist, wenngleich der Charakter sich in vielen Fällen zu dem eines glückverheißenden oder unheilabwehrenden Zeichens verflacht haben mag. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen seien im folgenden die Stellen aufgeführt, an denen ich den Spiralwirbel bei uns gefunden habe: In Heidenoldendorf an der Straße nach Hiddesen am Hause Nr. 32, jetzt Tigges, erbaut 1826 von Arnold Tappe und Anna Maria Grabbe, steht oben links und rechts ein Spiralwirbel, darunter stehen links drei Sterne, rechts drei Rosen, vier- und sechsblättrig, in der Mitte folgender Spruch: Eine besonders bemerkenswerte Form des Spiralwirbels ist der Dreiwirbel, der statt vier nur drei Flügel hat, die aber im übrigen dem Vierwirbel-Muster gleichen. Ein solcher findet sich in Elbrinxen am Hause Nr. 99 in der Nähe der Kirche, und an dem Hause Nr. 10 vom Jahre 1858 sind sogar zwei angebracht, von denen einer rechts und einer links herum läuft. Auch dieses Ornament hat seine lineare Parallele in einer schon früh auftretenden Form des Hakenkreuzes mit drei Armen, dem Dreibein, Triquetrum, Triskele, das u. a. auf bemalten Gefäßen der Hallstattzeit in Schlesien viel vorkommt. Einen fünfflügeligen Spiralwirbel fand ich an dem Einliegerhaus Nr.22 vom Jahre 1839 in Langenholzhausen und einen sechsflügeligen (aufgemalt) in Lassbruch bei Almena am Hause Nr. 40. Diese Formen sind m. E. als unverstandene Nachahmungen der Grundform zu erklären, wobei die Vorstellung der fünfblättrigen Rose und der sechsblättrigen Kreisfüllung wohl unbewußt mitgewirkt hat. Abschrift aus : Vaterländische Blätter, Nr. 12 vom 14.August 1926
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