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 Der Genealogische Abend 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Circulare, die Auswanderung nach Amerika betreffend, vom 20. Juni 1848

Abschrift: Harald Deppe Bad Salzuflen

Über die Anwendung der in der Bekanntmachung vom 24.März 1846 und in dem Circulare vom 8.Februar d.J. enthaltenen Vorschriften sind bei mehreren Behörden Zweifel entstanden, zu deren Beseitigung über die Ertheilung von Reisepässen und die Beförderung von Auswanderungs-Consensen für Reisende nach Amerika nachfolgende Instruction ertheilt wird :

1) Die in der Bekanntmachung vom 24.März 1846 enthaltene Vorschrift über die Veröffentlichung der Auswanderungen nach Amerika durch das Regierungsblatt ist in der Regel auf alle, welche dorthin zu reisen beabsichtigen, also auch auf diejenigen anzuwenden, welche die hier erworbenen Heimathsrechte nicht aufgeben wollen.
2) Der vorgeschriebenen Bekanntnmachung bedarf es jedoch nicht :
a) wenn die Reisenden hieselbst Vermögen zurücklassen und wegen dessen Verwaltung während ihrer Abwesenheit die erforderlichen Vorkehrungen vor der Obrigkeit ihres Wohnortes treffen;
b) wenn die Reisenden, welche in elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehen, mit Consens der Eltern resp. Vormünder die Reise allein machen und die letztern die Verpflichtung übernehmen, sie rücksichtlich der Anforderungen, welche vom Staate oder von Privaten an sie gemacht werden, bis zu ihrer Rückkehr zu vertreten.
3) Die Behörden sind verpflichtet, einen Reisepaß zur Reise nach Amerika zu versagen :
a) wenn Jemand mit Zurücklassung von Angehörigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, dorthin reisen will, ohne für deren Unterhalt genügend gesorgt zu haben;
b) wenn der Reisende seiner Verpflichtung zum Militärdienste nicht genügt hat.
Die Entscheidung darüber: ob im letzten Falle die Reise gegen Cautionsleistung gestattet werden könne, bleibt der Regierung vorbehalten.
4) Wenn ganzen Familien die Reise nach Amerika gestattet seyn soll, müssen die einzelnen, dazu gehörigen Mitglieder nicht militairpflichtig seyn. Für militairpflichtig sind alle diejenigen zu halten, welche in activem Militairdienst stehen, so lange ihnen der Abschied nicht ertheilt ist, und welche bereits zur Cinscription herangezogen worden, ohne dass jedoch ihr Loos zum Aufruf gekommen ist, so lange sie nicht 25 Jahre alt geworden sind.
5) Bei der Vornahme der Conscription sind künftig die in den Prediger-Tabellen aufgeführten Jünglinge, welche mit ihren Eltern nach Amerika gereist sind, sobald sie nicht freiwillig zur Losung sich melden, als Auswanderer anzusehen, wenn ihnen auch ein Auswanderungs=Consens nicht ertheilt iost. Sie fallen daher bei der Losung aus; sollen jedoch, wenn sie späterhin zurückkehren, um wiederum ihren Wohnsitz im hiesigen Lande zu nehmen, nachträglich und zwar für das Jahr, zu welchem sie nach den Prediger-Listen gehören, zur Losung herangezogen werden.
6) Die in elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehenden Personen erhalten, auch wenn sie den sonstigen Vorschriften genügt haben, einen Auswanderungs-Consens oder einen Paß zur Reise nach Amerika nur nach erfolgter Einwilligung der Eltern resp. Vormünder. Die Verabfolgung des unter vormundschaftlicher Verwaltung befindlichen Vermögens an dieselben setzt einen nach vorhergegangener Sach-Untersuchung erfolgten Beschluß der Vormünder und dessen Bestätigung durch die obervormundschaftliche Behörder voraus.
7) Bei der Ausstellung von Reisepässen zur Reise nach Bremen oder einem andern Orte, woselbst Auswanderer nach Amerika sich einzuschiffen pflegen, ist mit Vorsicht zu verfahren und sind, wenn Bedenken obwalten, die hierin enthaltenen Vorschriften zu beachten. Allenfalls ist auch im Reisepasse ausdrücklich zu bemerken, dass dem Reisenden die Auswanderung nach Amerika nicht gestattet sey.

Detmold, den 20. Juni 1848

Fürstlich Lippische Regierung.
Petri

Lippische Landesverordnung Band 10 Seite 101 - 103

 

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