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 Der Genealogische Abend 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Verordnung, die Einlieger betreffend, von 1805.

Abschrift von Klaus Pumpenmeier aus : Landesverordnung des Fürstenthums Lippe. Fünfter Band, Seite 135

Von Gottes Gnaden Wir Pauline Christine Wilhelmine, verwitwete Fürstin zur Lippe, Edle Frau und Gräfin zu Schwalenberg und Sternberg ec. Gebohrene Fürstin zu Anhalt, Herzogin zu Sachsen, Engern und Westphalen, Gräfin zu Ascanien ec. Vormünderin und Regentin.

So nützlich auch gute und fleißige Einlieger und Heuerlinge dem Staate sind: so nachtheilig ist es doch sowohl für sie als für die angesessenen Unterthanen, wenn sie sich an einem Ort oder in einer Gegend stärker vermehren, als sich da redlich nähren, und eine sichere Erwerbungsquelle finden können, oder wenn es ihnen dazu ganz an Vermögen, an Arbeitslust und Fähigkeit fehlet. Sie entziehen im ernsten Fall sich einer dem anderen den Verdienst und das Brod, und müssen in beyden Fällen, zumal wenn widrige Ereignisse sie treffen, in solche Dürftigkeit gerathen, daß sie großen Theils den übrigen Staatsbürgern und den Armenmitteln zur Last fallen. Der zu starke verhältnißwiedrige Anwachs des Einliegerstandes und dessen immer mehr zunehmende Verarmung im Lande kommen besonders mit von Leichtsinn und Unbesonnenheit her, womit jetzt viele junge Leute aus der geringen Volksklasse sich zu früh, ohne Mittel und Aussicht zu einem ehrlichen Broderwerbe, verheirathen.
Das Wohl des Landes und seiner Bewohner nöthigt Uns daher, nach vorheriger Berathung auf dem Landtage, hiermit folgendes zu verordnen:

1) Die Ehen solcher jungen Leute, die sich in den Einliegerstand begeben, sind künftig vor geendigtem 24ten Lebensjahre der Manns- und vor dem 20ten der Frauensperson so wenig in den Städten als auf dem Lande zu gestatten, wenn sie gleich nach der auch in Absicht ihrer ferner zu beachtenden Vorschrift im §. 3. der Gesindeordnung vom 14ten November 1795, schon zwey Jahre lang bey anderen gedienethaben; und dürfen bey schwerer Verantwortung weder die Obrigkeiten die Eheverschreibungen für dergleichen Personen, die jenes Alter noch nicht erreicht haben, errichten, noch die Prediger solche proclamieren und copulieren.
Selbst uneheliche Schwangerschaft soll keine Ausnahme von diesem Verbot bewirken, damit Unsittlichkeit es nicht vereitele, und dadurch begünstigt werde. Jedoch ist in solchem Fall die Unpflichtsstrafe derjenigen, die sich heiraten wollen, aber nicht dürfen, außer der sogleich erforderlichen Erlegung eines Gfl. Ad pias causas und der halben Gebühren, gegen einstweilige Caution, in sofern sie dazu Vermögend sind, bis zur Erreichung ihres gesetzlichen Alters auszusetzen, und erst alsdann, wenn nun die Heirath nicht unverzüglich erfolgt, zu vollziehen.

2) Auch soll künftig in den Städten und auf dem Lande überhaupt keiner als Heuerling oder Einlieger aufgenommen werden, der nicht entweder den eigenthümlichen Besitz eines Vermögens von wenigstens 100 Rthl. Glaubhaft nachweisen kann, oder ein Handwerk oder eine andere gute Handthierung, wovon er sich an dem Ort seiner Niederlassung zu nähren vermag, verstehet, und nicht, wenn er ein Ausländer ist, dabey für seine gute Aufführung auf drey Jahre Caution durch seinen Hauswirth oder auf eine andere sichere Art macht.

3) Keine Obrigkeit ist befugt, von obigen Erfordernissen irgend eine Dispensation zu ertheilen, sondern diese bleibt Uns allein in vorkommenden besonderen Fällen vorbehalten.

4) Dabey erneuern Wir die Vorschriften, die sonst noch von den Obrigkeiten und von den Hauswirthen, bey der Aufnahme sowohl neuer als aus einer anderen Stadt oder aus einem anderen Amte des Landes herüberziehender Heuerlinge und Einlieger überhaupt, nach der Verordnung vom 12ten November 1749, und in Ansehung der ledigen Einlieger insbesondere nach dem §. 1. der Gesindeordnung vom 14ten November 1795 zu beachten sind. Nur bedarf es
a) der Haltung eines besonderen, bisher auch fast nirgend eingeführt gewesenen Einlieger-Protokolls nicht, da dessen Zweck sich auf andere Art eben so gut erreichen lässt. Auch soll
b) künftig den Hauswirthen, um ihnen Citationen und Wege zu ersparen, die für eines Jahrs Praestanda ihrer Einlieger zu leistende Caution stillschweigend obliegen, und ihnen dafür zur Gegensicherheit eine gesetzliche Hypothek auf die eingebrachten Effecten der Einlieger zustehen. Ferner ist
c) der Hauswirth auf dem platten Lande künftig, wenn er seinen Einlieger nicht behalten, oder dieser bey ihm nicht wohnen bleiben will, nur verpflichtet, davon, und wohin sich solcher begiebt, dem Ortsbauerrichter zum weiteren Rapport an das Amt Anzeige zu thun, widrigenfalls jener für die Praestanda des Einliegers verordnungsmäßig verhaftet bleibt.
d) Wenn ein Einlieger nur seinen Wohnort in dem nehmlichen Amte verändert: so ist dabey zwar in der Regel keine amtliche Untersuchung nöthig. Der Bauerrichter des Orts, wohin der Einlieger zieht, muß sich aber eine Bescheinigung über dessen gute Aufführung, damit seine Bauerschaft kein schlechtes Subject erhält, von dem Bauerrichter des vorigen Wohnorts geben lassen, und solche an den Hebungsbeamten abliefern.

Auf diese Verordnung, die zur allgemeinen Befolgung durch offenen Anschlag, Verlesen von den Kanzeln und durch das Intelligenzblatt bekannt gemacht werden soll, haben Drosten und Beamte auf dem Lande und Magisträte in den Städten nachdrücklich und mit pflichtmäßiger Sorgfalt zu halten, und die Contravenienten zur ernstlichen Bestrafung zu ziehen.
Gegeben Detmold den 29ten Januar 1805

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