Verordnung wegen der Leibzüchter von 1781.
Abschrift von Klaus Pumpenmeier
Von Gottes Gnaden, Wir Simon August, Regierender Graf und Edler Herr zur Lippe, Souverain von Vianen und Ameiden, Erbburggraf zu Uetrecht ec. Ritter des Hessischen goldenen Löwen-Ordens. Es ist Uns vorgetragen worden, und Wir haben es anerkant, dass in Unsrer Landes Polizei-Ordnung von 1620, wegen der Leibzüchter Unsrer Untertanen auf dem Lande, einiges auf eine nicht billige ungleiche Art, anders aber so, daß Ausführung oft nachtheilig wird, und vieles hergegen gar nicht bestimmet, sondern einem jetzt noch mehrenteils ungleichförmigen und schwankenden Herkommen überlassen worden ist. Wir haben also nützlich und nötig gefunden, über eine billige und zugleich mehr auf Erhaltung der Höfe gerichtete, dabei aber auch vollständigere Verordnung wegen der Leibzuchten, mit Unsern treugehorsamsten Ständen auf letzterem Landtag Beratschlagung zu halten, und demnächst auch noch vom Herkommen in einem und anderen Punkt Berichte von Unsren Aemtern einfordern zu lassen; worauf Wir dann nunmehro, nach Landesväterlicher Erwegung alles dessen, was hiebei billig und Bestes für Unsre getreue Untertanen auf dem Lande und deren Güter ist, folgendes in Gnaden Landesherrlich verordnen:
§. 1.
Ursachen, welche eine Aenderung im bisherigen Verfahren nach der Policei-Ordnung bei Leibzüchtern billig und nöthig machen.
In der Polizei-Ordnung ist Tit. 7 verordnet, daß, wann Witwen zur anderen Ehe schreiten, und der Anerbe des Guts demnächst seine Großjährigkeit erreichet, alsdann der Stiefvater mit der leiblichen Mutter des Anerben auf die halbe Leibzucht zu weichen schuldig sein sollte. Dahingegen, wann ein Witwer wieder heiratet, die Stiefmutter des Anerben, weil hiervon die Policei-Ordnung nicht eben so verordnet, der Observanz gemäs, die Leibzucht, beziehet sie diese mit dem leiblichen Vater des Anerben zugleich, mit demselben ganz, geschiehet es aber nach dessen Ableben, halb, nach der Bestimmung des Edicts vom 17ten März 1767 erhält.
An sich ist dies schon unbillige Ungleichheit und dabei ist auch noch jene Verordnung gegen den Stiefvater oft von schädlichen Folgen. Jenes ist es, weil der Stiefvater sowohl als die Stiefmutter das Seinige auf das Colonat bringet, und es oft noch dazu, wann die Eigenschaft desselben es erfordert, beweinkaufet, auch überdem, wann er demselben gut vorstehet, und sogar es verbessert, einer eigenen Versorgung davon so gut, als die Stiefmutter, sich würdig macht.
Von bösen Folgen ist sie, jene Verordnung, darin, dass es Witwen, besonders derer Höfe, wovon eine volle Leibzucht zum Unterhalt zweier Ehegatten kaum zureichend ist, sehr schwer, ja oft unmöglich wird, sich an gute Haushälter wieder zu verheiraten, und daß, wenn dies, gezwungen durch ihre Haushaltungsumstände, ohne gute Wahl thun, alsdann eben so viel, als wann sie es aus Furcht für einen schlechten Wirthschafter ganz unterlassen, die Verwaltung des Colonats sehr darunter leidet und dies selbst dergestalt verschlimmert wird, daß es dem Anerben viel vorteilhafter gewesen sein würde, den Hof mit Abgebung der vollen Leibzucht im guten, als mit Einräumung nur einer halben in einem schlechten Zustand anzutreten: Und wäre auch eine solche Witwe noch so glücklich, einen guten Haushälter, selbst mit Vermögen, zu heirathen, so kann doch diesen die Aussicht in seine künftige schlechte Belohnung entweder ganz muthlos, oder doch zum nachlässigen Haushälter machen, beides aber wiederum zum großen Nachteil des Hofes und seines Anerbens gereichen. Hiernach ist es also billig und nötig, folgende Veränderung in oberwehnter Disposition der Polizei-Ordnung zu machen. Es sollen, nemlich
§. 2.
Die Stiefväter erhalten eben so, wie die Stiefmütter die Leibzucht.
Die mit den Müttern der Anerben sich verheiratende Stiefväter ebenso, wie die leiblichen Väter der Anerben verheiratete Stiefmütter die Leibzucht erhalten; also jener und diese, wenn sie beim Antrit des Anerben noch in solcher Ehe sind, ganz, wäre diese aber durch Tod des noch einen von den leiblichen Eltern getrennt, alsdann halb; jedoch unter der Bedingung für beide, den Stiefvater und die Stiefmutter, daß sie ihr eingebrachtes zum Nutzen des Colonats verwendet, und dieses auch gut verwaltet haben, und beides vor Beziehung der Leibzucht am Amte bescheinigen.
§. 3.
Auch die schon izt da seiende Stiefväter und Stiefmütter erhalten sie, und künftigen wird sie verschrieben.
Hiernach soll dann auch schon in Ansehung der daseienden Stiefväter und Stiefmütter, wann gleich nicht so ausdrückliche, oder wann gleich andere Verschreibung geschehen ist, fals sie nur würkliche Erfüllung obiger Bedingung vor dem Leibzuchtsbeziehen bescheinigen, nicht nur verfahren, sondern es soll auch fürs künftige bei Eheverschreibungen die Leibzucht, jedoch mit ausdrücklicher Beifügung mehrgedachter Bedingung versichert, diese aber demnächst beim eintretenden Fal des Genusses, hier sowol, als bei dem der schon daseyenden Stiefväter und Stiefmütter, wann die Bedingung gar nicht erfüllet, überhaupt nicht, oder würde nur Mangel darin gefunden, nach dessen Verhältnis nur zum Theil eingeräumet werden.
§. 4.
Stiefeltern, die sich mit erforderlicher Bewilligung wieder verheirathen, behalten den ihnen vorher verschriebenen Meierstand und die Leibzucht, auch diese der hinzukommende Ehegatte.
Da es auch geschehen kann, daß der sich wieder verheiratende Vater, oder die in die zweite Ehe gegangene Mutter des Anerben, vor dessen Großjährigkeit verstirbt, und dann zur Erhaltung des Colonats ein Wiederverheiraten der Stiefeltern notwendig ist; dies aber auch die Policei Ordnung nicht zulässet, sondern wil, daß der sich so wieder Verheiratende mit dem erweißlich eingebrachten und einer Wiederlage den Hof räumen sol; so sol auch, wann der Anerbe noch zu weit von der Großjährigkeit entfernt ist, und dessen Vormünder keinen bessern Vorschlag zur Verwaltung des Hofes bis dahin thun, und zur Ausführung bringen könnern, mit deren und des Gutsherrn Bewilligung, wann letztere die Eigenschaft des Colonats erfordert, bei der neuen Eheverschreibung des Stiefvaters oder der Stiefmutter, es nicht nur bei den vorhin derselben verschriebenen Meierjahren, und der bei ihm, oder ihr vorhin versicherten Leibzucht belassen, sondern auch nach Beschaffenheit dieser Umstände, wie lange die Verwaltung des Hofes von Stiefeltern noch geschehen muß, und wie viel der neue Ehegatte einbringt, aber wieder unter der Bedingung, die §. 2 bestimmet ist, diesem die ordnungsmäßige Leibzucht ganz, oder zum Theil verschrieben werden.
§. 5.
Was bei Verschreibung der Leibzucht für Stiefeltern zu beachten; und wie beim würklichen Beziehen derselben zu verfahren sey.
Damit nun diese Begünstigung der Stiefeltern auch wirkliche Aufmunterung zum guten Haushalten, und damit der wahre Zweck, die Erhaltung der Colonate, also gewiß erreicht werde; so haben Drost und Beamte nicht nur bei jeder Verschreibung der Leibzucht für Stiefeltern die §. 2 angeführte Bedingung ausdrücklich beizufügen, und dabei die Vorschriften der Pupillenordnung, wegen Bestellung der Vormundschaft und Errichtung des Inventariums, genau zu beachten, sofern auch nie das Beziehen der Leibzucht zuzulassen, bis Erfüllung oftgedachter Bedingung bescheiniget, oder, wo es nöthig, von ihnen selbst untersuchet und darauf auch von ihnen erkant worden, wie nach deren Beschaffenheit die verschriebene, oder oben verordnete Leibzucht ganz, oder nur zum Theil, oder auch gar nicht eingeräumet werden solle. Bei welcher Bescheinigung, oder eigenen Untersuchung dann auf wirkliches Einbringen und nützlich geschehenes Verwenden des Brautschatzes, wie das Haus-Hof- und Viehinventarium erhalten, verbessert, oder verschlimmert, neue Schulden zum wahren Besten des Colonats gemacht worden, oder nicht, wie die Cultur der Grundstükke beachtet, und wirklich dann beschaffen sey, hauptsächlich gesehen werden muß.
§. 6.
Auch leibliche Eltern sollen nicht eher, als bis nach geschehener Bescheinigung, oder durch Untersuchung sich ergebene Bewahrheitung geführter guter Haushaltung, auf die Leibzucht ziehen.
Und da auch selbst in Ansehung der leiblichen Eltern die Policei-Ordnung verordnet, daß, wann sie schlecht Haus halten und das Colonat verderben, dieselbe nach geschehener Abäußerung gar keine Leibzucht haben, wenn diese aber nicht geschehen ist, dennoch auch solchen schlechten Haushältern, nach Gutachten des Amts, entweder nur halbe Leibzucht, oder ein minderer Theil derselben, zugestanden werden solle: so sollen auch Drosten und Beamten denen leiblichen Eltern das Leibzuchtsbeziehen nicht eher zulassen, bis sie ihre geführte gute Haushaltung bescheinigt, oder sie bei der Untersuchung deswegen wahr gefunden haben.
§. 7.
Die Leibzüchter müssen das Leibzuchts-Haus in gutem Stand erhalten.
Denen nun künftig so zugelassenen Leibzüchtern sol zwar das Leibzuchtshaus in wohnbarem Stand eingeräumet werden; sie sollen es aber darin hernach auf eigene Kosten erhalten, brente es aber ohne Verschulden der Leibzüchter ab, oder würde sonst durch eine Unglücksfal ganz, oder zum Theil, ruiniret: so mus der Meier es wieder herstellen.
§. 8.
Von welchen Leibzuchten und wie Beitrag zu den Lasten geschehen sol.
So billig es nun auch ist, daß ein ganz freier Genuß mäßiger Leibzüchter, denen, welche sich auf die oben verordnete Art dazu würdig machen, zugestanden werde, und derselbe also aufmunternde Belohnung guter Haushaltung werde: so drükkend wird es doch für den Meier, wann die Leibzucht nach der Bestimmung des Edicts vom 17 März 1767 einen gar zu wichtigen Theil der Grundstükke aus der Nutzung desselben wegnimt, und ihm die Lasten vom ganzen Hof allein lässet. Um hierin also billigste Modification zu befördern, so verordnen Wir, daß, wann eine ganze oder halbe Leibzucht über 18 Scheffel Saatland, mit verhältnismäßigen Antheilen an Garten, Wiesen, Hude und mit übrigem Zubehör beträgt, alsdann die Leibzüchter von dem Uebermaas der Saatländerei, also von der, die sie über 18 Scheffel Einsaat zur Nutzung besitzen, die ordentliche Schatzung ganz von dem dabei habenden Garten oder Wiese und Hude, aber mit Auschließung des übrigen Leibzuchtsgenusses, die Halbschied solcher Schatzung nach dem Verhältnis des Taxatums, jenes Uebermaaßes an Länderei, und dieser eben bestimten Leibzuchtszubehör gegen das Taxatum des ganzen Hofes, also darnach im Verhältnis gegen die ganze Schatzung von diesem Hofe, dem Meier beitragen sollen: welchen Beitrag dann Drosten und Beamten bei jedesmaliger künftiger Leibzuchtsverschreibung im obigen Fal so gleich nach der Castrations-Taxe des Hofes und der gedachten Leibzuchts-Grundstükke, ihrem Verhältnis gegeneinander und gegen das Schatzungs-Simplum gemäs bestimmen, und dies auch bei zwar schon verschriebenen, aber noch nicht angetretenen Leibzuchten obiger Größe, wann Einrichtung ihres Beziehens geschiehet, thun sollen; indem nur blos schon angetretene Leibzuchten dieser Gattung nach wie vor von solchem Beitrag frei bleiben.
Von übrigen andern Geld- und Natural Prästationen sind auch diese Leibzüchter von 24 Scheffel Saatland und darüber befreiet; und wird der Zehnte von der Leibzuchts-Länderei, wann er davon ausgezogen wird, sowol bei diesen, als allen andern Leibzuchten in Natur genommen, oder das Zehntgeld dafür vom Leibzüchter selbst bezahlet.
§. 9.
Über die Leibzuchtszubehörungen kann eigene Verabredung geschehen, sie mus aber beim Amt angezeiget werden.
Wann Leibzüchter, dieser Verordnung gemäs, die Leibzucht erhalten und beziehen wollen: so kann zwar zwischen ihnen und dem angehenden Meier Verabredung wegen der Zubehörungen an Garten, Obst, Heuwachs und Hude, wie auch wegen des mit auf die Leibzucht zu nehmenden Viehs und der Mobilien getroffen werden; es sei aber allemal bei der amtlichen Untersuchung: ob und wie die Leibzucht einzuräumen sey, auch Anzeige davon geschehen, und wann nichts dabei zu erinnern gefunden würde, solche ganze Verabredung mit in dem über jene Untersuchung abzuhaltenden Protokol bemerkt werden; damit sie im künftigen ähnlichen Fal Richtschnur seyn, und damit auch darnach bei entstehender Irrung über künftige Zurüklieferung, wie diese geschehen mus, immer Bestimmung erfolgen könne.
§. 10.
Bei Verminderung der Leibzucht in Ländereien werden auch die Zubehörungen vermindert.
Wird den Leibzüchtern die volle, oder die halbe Leibzucht an Ländereien nicht zuerkannt; so vermindert das Amt auch dann darnach die obengedachte Leibzuchtszubehörungen, jedoch daß das ganz unentbehrliche ihnen davon bleibt.
§. 11.
Regeln, wann vom Amt die Leibzuchtszubehörungen bestimmet werden müsse.
Findet das Amt die Vereinbarung über die Zubehörungen für den angehenden Meier, der vielleicht seiner Lage nach sie nicht leicht erhalten können, zu lastbar; oder hat sie wol gar zwischen ihm und den Leibzüchtern nicht zum Stand gebracht werden können; dann sollen bei amtlicher Bestimmung solcher Zubehörungen dies die Regeln seyn:
a) Wenn bei einem Colonat ein vorhin schon dazu bestimter Leibzuchtsgarte ist; so bleibt es bei diesem, sonst bei dem Meiergarten; wann er ein Scheffel Einsaat gros, oder noch darüber ist, davon 1/3. Hält er ein halbes Scheffel Einsaat und darüber, davon 1/4: ist er darunter, dann davon die Halbschied zur vollen Leibzucht.
b) Vom Obst der dritte Theil, wann es reif ist, zur vollen Leibzucht.
c) Ist eine Leibzuchtswiese beim Hofe, dann diese; sonst aus den Meierwiesen, nach Beschaffenheit ihrer Größe und des beiderseitigen nöthigen Viehstandes, der dritte oder vierte Theil des Heues, nicht des Grummets, zur vollen Leibzucht. Ist aber bei einem Hof nicht so viel Wiesewachs, daß der Meier auch sein Hornvieh damit füttern kann, dann wird auch nichts davon zur Leibzucht abgegeben.
d) Wo bei einem Hofe schon ein Hudekamp besonders für die Leibzucht bestimmet ist, dabei bleibt es; sonst in des Meiers Hudekamp die zur vollen Leibzucht gehörige milchende Kühe; die Rinder und Schweine, so viel auf die volle Leibzucht gegeben sind, mit vor dem Hirten, wovor der Meier die Seinige treibt; und auch vor diesem die milchende Kühe, wann kein Hudekamp beim Hof ist. Dabei auch zur jeden Leibzuchtshude für ein anzuziehendes Kalb.
e) An Holz die ganze Leibzuchtsbedürfnis, wann dazu zureichende Holzung beim Hof ist, welche dann auch vom Meier angefahren wird. Ist die Holzung nicht zureichend zur unbestimten Bedürfnis, dann das dritte Fuder von dem, welches der Meier für sich anfähret.
f) An Hornvieh und Schweinen wird auf die volle Leibzucht mitgegeben, was davon die Leibzüchter zum Unterhalt für sich, und auf die Leibzucht etwa mitgehende Kinder bedürfen, und der Meier nach Beschaffenheit des auf der Meierei befindlichen und durchs Mitbringen des sich darauf verheiratenden jungen Ehegatten dazu kommenden Viehstandes und dessen Bedürfnisses für Hauhaltung und Ackerbau davon entbehren kan. Welches alles bei dieser Bestimmung genau untersuchet werden mus; wobei sich dann von selbst nothwendige und billige Ermäßigung ergeben wird, wann der abgehende den Viehbestand durch eigene Schuld nicht volzählig hinterlässet.
g) An Mobilien wird auch das Bedürftige mit nemlichen Rücksichten auf die Beschaffenheit des Meierei Haus-Inventariums, des durch Heirat hinzukommenden, und, wie jenes der abgehende überliefert, mit auf die Leibzucht gegeben.
§. 12.
Wie das Leibzuchts-Land zu bestellen und zu wählen ist.
Das Leibzuchts-Land muß der Meier so gut wie das Seinige beakkern; das Korn zur Besaamung geben die Leibzüchter selbst, und auch den Dünger dazu. Ist bei einem Hof nicht schon gewisses Land zur Leibzucht bestimmet; so wird nicht das beste, auch nicht das schlechteste in jeder Saat dazu ausgesezt, sondern das vom Mittel-Ertrag und was fürs künftige einmal dazu erwählet worden, das kan auch in folgenden Fällen wieder dazu genommen werden.
§. 13.
Der Leibzüchter muß die Befrechtung der Leibzuchtsgrundstücken unterhalten und wie?
Haben die Leibzüchter besondere Garten, Wiese und Hudekamp, so müssen sie dieselbe in der Befrechtung, worin sie sie bekommen haben, erhalten; das dazu nötige Holz und die Potten liefert ihnen aber der Meier.
§. 14.
Von welchen kleinen Stetten keine besondere Leibzucht zugestanden wird.
Kleine Stetten, wovon keine sechs Scheffel Saatland zur Leibzucht abgegeben werden können, müssen, der Regel nach, die Besitzer bis zu ihrem Ableben unterhalten. Könten sie ihnen aber nicht mehr vorstehen, sondern müsten dieselbe abtreten, dann behalten sie die Wohnung im Hause, bekommen Beköstigung beim antretenden Anerben, müssen aber auch diesem nach Möglichkeit in seiner Arbeit helfen. Sollte jedoch bei solchen kleinen Stetten schon besondere Leibzuchts-Wohnung sein; so kann sie, fals jene Uebergabe nach Erkentnis des Amts nötig wird, mit Ordnungsmäßiger Zubehör zugestanden werden.
§. 15.
Leibzüchter dürfen auf die Leibzucht keine Schulden machen; noch darauf erhaltenen Moventien und Mobilien, ohne Wiederergänzung, was veräußern.
Auf die unterhabende Leibzucht dürfen die Leibzüchter keine Schulden machen, noch auch von denen darauf mitgenommenen Moventien und Mobilien ohne stündliche Wiederergänzung, etwas veräußern. Geschiehet dies anders, oder auch nur Verpfändung; so ist der Contract deshalb nul und nichtig, und der Käufer oder Pfandinhaber zur Herausgabe, mit Vorbehalt des Regresses gegen den Leibzüchter schuldig.
§. 16.
Keine zwei Leibzuchten auf einem Hof werden zugestanden.
Auf einem Hof werden keine zwei Leibzuchten zugelassen, sondern die Ordnungsmäßige wird unter die dazu berechtigte mehrere Leibzüchter, wann ein Fal dazu mit nötiger Bewilligung des Amts- und Gutsherrn entstehen sollte, geteilet.
§. 17.
Wer einen Leibzüchter oder Leibzüchterin heiratet, muß nach dessen oder deren Ableben die Leibzucht räumen.
Wann leibliche- oder Stiefeltern auf die Leibzucht wieder heiraten; so muß sie der hinzukommene Ehegatte nach deren Ableben wieder räumen.
§. 18.
Wie beim Ableben eines Leibzüchters die halbe Leibzucht zurück fält.
Stirbt einer von den Leibzüchtern, welche die ganze Leibzucht genossen haben; so behält der Überlebende das ganze Leibzuchtshaus, wann darin nur eine Wohnstube mit Zubehörungen ist: wann darin aber deren zwei mit Zubehörungen sind, also das Leibzuchtshaus gros genug für Wohnung zweier Familien ist: dann fält die Halbschied an den Meier zurück; jedoch hat, wann dieser sie vermiethen will, der überlebende Leibzüchter den Vorzug, fals er dafür so viel als ein anderer geben will.
Von der Länderei gehet auch beim Ableben eines Leibzüchters von der vollen Leibzucht die Halbschied an den Hof zurück, und von der darauf stehenden Frucht bezahlet der Meier nur die Einsaat dem Ueberlebenden.
Vom Garten ebenfals die Halbschied, wann er nicht schon so klein ist, daß er ganz für die fortzusetzende Haushaltung auf der Leibzucht erfordert wird.
Das Obst behält der Ueberlebende zum vierten Theil, Heuwachs und Hude nur nach Verhältnis des Viehes, welches er behält.
Wenn dieses in mehrerer Zahl auf die Leibzucht, mitgenommen worden, dann gehet die Halbschied an den Meier zurück. Das einzeln in der Gattung erhaltene behält der Ueberlebende, und so auch die Mobilien, wie sie zur Haushaltungsfortsetzung nötig sind. Wie denn den Aemtern bei diesem Rückfal, außer dem der Länderei, welcher immer zur Halbschied erfolgen mus, das Ermessen, ob und wie, wegen noch auf der Leibzucht zu ernährender Kinder, wegen Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Beizu-Erwerbens und wegen vorheriger guter oder schlechter Verwaltung des Hofes, ab- und zuzuthun sey freigelassen wird.
§. 19.
Nach dem Ableben des letzten Leibzüchters fält die Leibzucht mit allem Zubehör an den Hof zurück.
Nach dem Ableben beider Leibzüchter, also zuletzt nach dem des Ueberlebenden, fält alles, was vom Hof auf die Leibzucht mitgenommen worden, an denselben ohnbeschwert mit Schulden zurük.
§. 20.
Kinder, auf der Leibzucht erzeuget, erhalten keine Aussteuer vom Hof.
Wenn von den Leibzüchtern auf der Leibzucht noch Kinder erzeuget werden, so erhalten dieselbe vom Hofe nicht gesezmäßige Aussteuer.
§. 21.
Wenn von der Leibzucht anders wohin geheiratet wird, so höret deren Genus gegen billige Vergütung auf.
Will ein Leibzüchter, oder eine Leibzüchterin, von der Leibzucht anders wohin sich verheiraten, so verlieret er, oder sie, zwar den Genus der Leibzucht selbst, ohne einige Rükkehr dazu; jedoch mus sich der Meier wegen billiger Vergütung mit ihm, oder ihr, vergleichen, widrigenfals gewärtigen, dass von Amtswegen billige Bestimmung derselben geschehe.
Gleichwie nun diese gesezliche Einrichtung der Leibzuchten algemeine Norm für die sich dazu ergebende Fälle seyn sol. Also haben sich Unsere Unterthanen auf dem Lande darnach zu richten; Drosten und Beamte auch genau darnach zu verfahren, und Unsere Obergerichte in denen ihnen vorkommenden Rechtsfällen in deren Gemäsheit zu erkennen; und sol deswegen durch Mittheilung und gewöhnlichen Anschlag diese Verordnung bekannt gemacht werden. Gegeben in Unserer Residenz Detmold den 6. Februar 1781.
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